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Gelesen: Die Alles ist möglich-Lüge

28.11.14

~ Das Rezensionsexemplar wurde mir von Random House zur Verfügung gestellt ~

die alles ist möglich lüge
So schaut's aus

Wieso Familie und Beruf nicht zu vereinbaren sind.


So lautet der Untertitel des Buches und ich war ehrlich sehr gespannt auf das Buch. 
"Alles ist möglich", das Versprechen an die Frauen von heute, ist eine Lüge. Familie und Beruf passen nicht zusammen, und das ist keine Frage der eigenen Organisation. Wer beides gleichzeitig leben will, zahlt einen Preis - und der Preis ist hoch für Eltern und Kinder.
Hm, stimmt, und auch sonst stimmen viele Kritikpunkte, die die Autorinnen anbringen. Teilzeit als Karrierekiller, Arbeiten und Kind ja, aber Karriere und Kind nein, böse Blicke von Kollegen und Chefs, wenn man pünktlich den Stift fallen lässt oder sogar eher abhauen muss, um das göbelnde Kind aus dem Kindergarten abzuholen, alles richtig und schon erlebt. Frauen, die trotz Job noch den Großteil der Hausarbeit übernehmen (Oh ja!), Männer, die einem nen Vogel zeigen, wenn man sie fragt, warum sie denn nicht in Teilzeit arbeiten oder mal mehr als die 2 Vätermonate nehmen, Männer, die diese Zeit zwar in Anspruch nehmen, das aber nur als laaaaangen bezahlten Urlaub sehen und mir Säugling und Frau auf die Malediven fliegen, Männer, die eben doch zu Hause bleiben und vom Umfeld eher kopfschüttelnd angeguckt werden. 

An manchen Stellen konnte ich wirklich die ganze Zeit nur kopfnickend da sitzen, an anderen wurde ich richtig sauer, weil's mir viel zu viel Mimimi war. Ja es stimmt, man reibt sich auf zwischen Job und Familie. Ja, es stimmt, mehr Freizeit trotz Job bei trotzdem ausreichendem Einkommen wäre super. Ja, auch bezahlbare oder kostenlose Kitas mit super flexiblen Öffnungszeiten wären prima, aber mal ehrlich, wann ging's denn besser, Familie und Job unter einen Hut zu bringen, als jetzt? Verbesserungswürdig ist sicher vieles, aber es hat sich doch schon viel verändert und das doch oft zum Guten?! 

Was wir haben, was unsere Mütter nicht hatten


Wie war's denn früher? Zumindest im Westen, Kinderbetreuung für die ganz Kleinen war da ja eher selten. Mann arbeitet, Frau bekommt Kind, bleibt zu Hause, Kind mit 3 eventuell in den Kindergarten, aber eher nicht, weil Mama arbeiten muss, sondern wegen der anderen Kinder, Mama fängt vielleicht halbtags wieder an im Job oder bleibt noch ein Weilchen länger zu Hause. 
Elterngeld? Gibt's erst seit 2007. 
Kindergeld? Als ich geboren wurde, waren das gerade mal 50DM.
Elternzeit? Nö, nur Mutterschutz.
Vätermonate? 2 Wochen Urlaub…
Nur mal so, nicht alles ist Mist, was wir heute so haben. 

Mist ist allerdings, dass die klassische Rollenverteilung immer noch in den Köpfen festsitzt. Oder haben eure Männer gesagt "Schatz, ich würde gerne 7 Monate zu Hause bleiben und danach nur noch 30 Stunden die Woche arbeiten!" Also quasi geteilte Elternzeit. Eher nicht, oder?
Dabei wäre genau das ein Lösungsansatz um die Aufreiberei zu vermeiden. Nicht einer Hausfrau/-mann, irgendwann Teilzeit und der andere die ganze Zeit Vollzeit, sondern beide mit reduzierter Arbeitszeit. Gleiches Geld, mehr Zeit für Familie, Partner und sich selbst. Schafft ausserdem Arbeitsplätze, wenn die fehlenden 16 Stunden durch einen Dritten besetzt werden. Die 32-Stunden-Woche von Frau Schwesig fand ich echt ne prima Idee, aber gut, die ist wohl vom Tisch.


Woanders isses auch nicht besser


Schweden wird ja gerne mal als DAS Land genannt, in dem das klappt, so mit Kind und Familie. Aber nee, stimmt gar nicht, auch da isses doof. Kostenlose Kita und Pflichtväterzeit sind blöd und auch nicht das, was wir wollen. 
Oder Frankreich, Kinderbetreuung von klein auf und Mama schnell wieder im Job ist auch falsch. Zumindest sagen das wohl viele Frauen und würden lieber länger zu Haue bleiben.

Was wollen wir denn? 


Ja, das ist die große Frage. 
Anerkennung für die Zeit, die wir zu Hause bleiben, ob Männlein oder Weiblein. 
Teilzeit als Chance und nicht als Karrierekiller. 
Väter, die sich wirklich um den Nachwuchs kümmern und nicht nur eine Stunde am Wochenende. 
Väter, die sich wirklich aktiv an Pflege und Erziehung beteiligen. 
Chefs, die Verständnis dafür haben, dass wir pünktlich nach Hause gehen. Wir kommen schliesslich auch pünktlich ins Büro uns lassen dafür zu Hause alles stehen und liegen, dann machen wir das zum Feierabend eben auch. 
Flexible Kita-Zeiten. Gute Kita-Preise oder kostenlose Kitas. 
Und das sind alles die Punkte, bei denen ich genickt habe! Jawohl, das alles wollen wir!  

Die Realität


Alles ist möglich ist wirklich eine Lüge, denn irgendwas kommt immer zu kurz. Bei mir kann ich dazu ganz klar sagen: ICH! Morgens stehe ich mit dem Kind das als erstes wach wird auf, gehe runter, drücke ihm einen Keks in die Hand, koche Kaffe, decke den Tisch, gehe nach oben, wecke den Mann, hole das andere Kind, das inzwischen wach ist, aus seinem Bett, gehe wieder runter, frühstücke, ziehe mich an, ziehe meistens noch die Jungs an und putze mit ihnen Zähne, packe meine Sachen und verlasse um kurz vor 7 das Haus. Mit Babykotze auf der Schulter… Dann arbeiten, in der Mittagspause vielleicht noch einkaufen, weiterarbeiten, Feierabend, schnell noch Windeln kaufen, nach Hause, Kinder übernehmen, spielen, Abendbrot essen, Sandmann gucken, bettfertig machen, Papa bringt sie dann ins Bett. Mein Tag fängt um viertel vor 6 an (manchmal auch um 4, wenn Baby aufwacht, zu uns rüber kommt und erstmal gestillt wird) und endet um halb 8 abends. Dann sitzen wir auf dem Sofa, unterhalten uns, essen noch was, gucken nen Film. Um 10 sind wir im Bett. Ich habe keine Zeit für Hobbys, fürs Nähen, zum Nägel lackieren. Die einzige Zeit, die ich mir nehme, ist die fürs Bloggen, und auch das kommt zu kurz. Ich hätte gerne mehr Zeit. Zeit, um bessere Fotos zu machen, Posts besser zu recherchieren, Zeit um andere Blogs zu lesen und zu kommentieren. 

Der Mann denkt manchmal, dass er vereinsamt und langsam verdummt, weil er jetzt seit 29 Monaten nur Windeln, Fläschchen und Bauklötze um die Ohren hat. Wenn ich abends nichts Neues zu erzählen habe, ist er enttäuscht.
Ich denke manchmal, dass ich sauviel verpasse bei den Jungs. Diese Stunden nach Feierabend bin ich zwar komplett und 110%ig für die beiden da, aber der eine zieht am linken und der andere am rechten Arm, beide wollen dann was mit mir machen. 
UNSERE Idealvorstellung wäre also: beide arbeiten Teilzeit! Ich, damit ich mehr Zeit mit den Jungs verbringen kann, der Mann, damit er auch mal wieder mehr unter Erwachsene kommt und sein Gehirn mehr anstrengen kann, als beim Holzeisenbahn aufbauen. 

Alles ist mit Sicherheit nicht möglich, aber viel! Das muss man einfach auch mal sehen. Vor 40 Jahren wär's doch undenkbar gewesen, dass die Frau das Haupteinkommen hat und der Mann zu Hause bleibt.  
U3-Betreuung wurde und wird ausgebaut, es gibt finanzielle Unterstützung… man zahlt einen Preis, mitunter auch einen hohen, aber ich denke, früher war der noch höher.

Oder wie seht ihr das? 


Wer jetzt neugierig geworden ist, kann das Buch hier bestellen.





Alltag

Spieglein Spieglein - Das glücklichste Kleinkind der Welt nach Karp

16.6.13

Im letzten Posting bzgl. des Trotzens beim Zwuggel im Moment, erwähnte ich, dass ich ihn in solchen Situationen als erstes versuche, zu spiegeln. Da dazu Rückfragen kamen, versuche ich mal, das zusammenzufassen :-)

Das Spiegeln basiert auf der Methode von Dr. Harvey Karp und seinem Buch "Das glücklichste Kleinkind der Welt".

Insgesamt hat mir das Buch ziemlich gut gefallen, auch wenn ich manche Sachen nicht ganz so toll fand, z.B. die Auszeit, hat für mich immer so bisschen Subba-Nanny-Beigeschmack (stille Treppe) oder das Spielen mit dem Kind als "Parkuhr füttern" zu bezeichnen. Das Verhalten als Eltern bei Trotzanfällen allerdings finde ich gut und deswegen probiere ich auch, das anzuwenden.
An sich würde ich sagen, die Vorschläge, mit Trotzanfällen umzugehen,  funktionieren besser bei älteren Kindern. Eben dann, wenn die "richtige" Trotzphase anfängt. Ich hab's aber jetzt schon gelesen und versuche, das Ganze auch schon anzuwenden. Man muss sich ja auch daran gewöhnen, von Haus aus hätte ich so nämlich nicht reagiert. Was ich jetzt schreibe bezieht sich also wohl eher auf 2-Jährige und ob es klappt, kann ich (noch) nicht wirklich beurteilen. Die Ansätze an sich finde ich aber sehr logisch und gut nachvollziehbar und auch jetzt schon kann ich sagen, dass der Zwuggel ganz gut darauf reagiert!

Mal ganz grob zusammengefasst:

Wie reagiert man, wenn das (Klein-)Kind etwas Tolles macht? Man verfällt selber ein bisschen in Kleinkindsprache, klatscht vielleicht, freut sich überschwänglich und strahlt es an.
"Toll gemacht, ganz allein gerutscht, prima!"

Was machen wir, wenn das Kind etwas tut, was weniger toll ist? Wir rufen vielleicht laut "Nein!" und fangen dann an, dem Kind zu erklären, warum es etwas nicht darf, aber meistens sehr komplex.
"Nein! Nicht die Finger in die Steckdose stecken, da kannst du einen Schlag bekommen, das ist sau gefährlich!"

Was kommt beim Kind an? Was kann es verstehen und begreifen? Mit Sicherheit das "Nein", aber der Rest? Vor allem ist der Wunsch (Steckdose untersuchen) ja immer noch da und das Kind wird sauer, traurig, motzig, was auch immer.

Laut Herrn Karp kann man sich das ganze so vorstellen, als würde man mit einem kleinen Steinzeitmenschen kommunizieren. Die Sprache ist noch nicht sehr weit entwickelt, in Ausnahmesituationen wie eben einem Wutanfall total rudimentär. Wie kann man dann also zum Kind durchdringen? Genau, man spiegelt es, übernimmt selber eine simple Sprache und versucht auch die Gefühle wiederzugeben, allerdings abgeschwächt.
"Steckdose, Steckdose, Du willst die Steckdose anschauen!"
Man soll versuchen, den weichen Punkt beim Kind zu finden, emotional, und seine Aufmerksamkeit zu erlangen. Das Kind soll wissen, dass es verstanden wird, das wir wissen, dass es mit der Steckdose spielen möchte, dass wir nicht einfach aus Prinzip sagen
"Das darfst Du nicht, mir egal, ob du das jetzt doof findest, ich habe das so bestimmt und damit basta!"

Den Punkt finde ich toll, weil wer von uns kann sich nicht an irgendeine Situation erinnern, in der man etwas verboten bekommen hat, ohne das es einen nachvollziehbaren Grund gab? Einfach, weil wir klein waren und nichts zu sagen hatten? Bei mir sind das leider einige, vielleicht wollte man mit mir auch nur nicht diskutieren, aber ich weiss, wie ich mich dabei gefühlt habe. Klein und doof und nicht ernst genommen.

Man begibt sich auf Augenhöhe mit dem Kind und zeigt als erstes Verständnis.
Man nimmt die Bedürfnisse ernst, auch wenn man nicht alle erfüllen kann.
Man übergeht nicht einfach, man hört zu und kann dann erklären, diskutieren was auch immer, eben an das Alter des Kindes angepasst.
Man kann Alternativen anbieten, sobald das Kind sich beruhigt hat und wieder mit sich reden lässt.

Zur Zeit kann ich noch nicht wirklich erklären oder mit dem Zwuggel diskutieren, aber wenn ich ihm zeige und sage, dass ich weiss, dass er das Messer haben möchte, dass ich ihn verstehe, dass es mir leid tut, dass ich ihm den Wunsch nicht erfüllen kann, dann kann ich ihn eher beruhigen, als wenn ich einfach nur "Nein! Kein Messer!" sage. Dann wird er nämlich lauter und weint heftiger und das ist für mich einfach nicht der richtige Weg.
Wenn er gemerkt hat, dass ich ganz bei ihm bin, dann wird das Meckern meist leiser und geht eher in Schluchzen über und er guckt wieder mich und nicht das Messer an. Dann erkläre ich ihm, warum das nicht geht. Dann biete ich ihm den Löffel statt des Messers an.
Manchmal klappt das, manchmal auch nicht, aber ich merke doch, dass ich irgendwie zu ihm durchkomme. Und selbst, wenn das Einbildung ist, es geht uns gut mit der Methode! Bjarne beruhigt sich relativ schnell, ich bin nicht irgendwann vom Gemotze genervt, alle sind entspannter.

Natürlich gibt es Situationen, wo Spiegeln etc. unangebracht sind, weil sie einfach eine schnellere Reaktion erfordern, z.B. wenn das Kind auf die Strasse rennen will oder nachgucken will, ob kochendes Wasser wirklich heiss ist. Das Beispiel oben mit der Steckdose ist deshalb auch ein bisschen doof gewählt, aber ich hoffe, das Prinzip ist einigermaßen rübergekommen.

Wenn ihr noch Fragen habt, immer her damit :) Und bitte bedenken, der Mann ist Arzt und hat mehrere Bücher geschrieben, ich hab hier jetzt aus dem Kopf ein bisschen was zusammengefasst, das Buch geht natürlich noch auf viele Dinge viel detaillierter ein :-)

Mit der 5-S-Methode hatten wir ja auch schon Erfolg, mal gucken, wie es jetzt mit dieser läuft.



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