Farbratte

Das ideale Haustier für Kinder? Ratten!

17.8.20


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Wer Kinder hat, hört früher oder später einen ganz bestimmten Wunsch vom Nachwuchs: den nach einem eigenen Haustier! 
Hund und Katze stehen da natürlich ganz weit oben auf der Wunschliste, dicht gefolgt von allerlei Kleintieren (oder einem Pony ^^) 

Aber welches Tier eignet sich zum Einstieg für Kinder, die nicht mehr ganz klein, aber auch noch nicht groß genug sind, um alles überschauen zu können, was ein Tier eben auch an Arbeit bedeutet? Bei uns fiel die Wahl auf ein soziales, intelligentes und dem Menschen zugewandtes Nagetier: die Farbratte 💓



Warum Ratten und keine Meerschweinchen, Kaninchen etc.?

Wir hatten früher jahrelang Kaninchen, um genau zu sein immer 2 Stück. Die wohnten in einem riesigen Auslauf/Stall bei uns im Wohnzimmer, später dann im Bad. Sie waren also rund um die Uhr in Kontakt mit Menschen und fanden uns trotzdem... doof ^^ 
Ich weiß, dass das nicht so sein muss, aber ganz ehrlich, die meisten Kleintiere haben eher Schiss vor Menschen und sind froh, wenn sie einfach nur einen Artgenossen zum Kuscheln und Spielen haben, nicht andauernd auf den Arm genommen oder durch die Gegend getragen werden. Aber genau das wollen Kinder dann ja auch machen, mit den Tieren "spielen" und kuscheln.

Ratten sind da anders, sofern sie zahm sind. Die kraxeln auf ihrem Menschen rum, krabbeln auf die hingestreckte Hand und kuscheln sich im Ärmel zusammen, um zu schlafen. Und das wollte Jannes natürlich auch: mit seinem Haustieren kuscheln und spielen. 

Da ich selbst eigentlich schon immer Ratten haben wollte, stand die passende Lektüre schon im Regal und nachdem das Kind sich Bilder, Videos und und und angeschaut hatte, war klar: die möchte er haben!! 

Wenn man die Treppe hoch geht zum "Rattenzimmer", hört man schon, wie die Süßen ganz aufgeregt im Käfig hin und her turnen. "Die Menschen kommen!!" Dann setzen sie sich auf ein Brettchen und gucken neugierig um die Ecke, wer denn da jetzt die Tür auf macht. Bringt der Essen? Oder spielt der mit uns? Mega süß!! 💗

Die Ratte(n)

Was man vorab wissen sollte: Ratten werden nicht besonders alt (ca 3 Jahre) und bekommen sehr häufig Krebs. Dessen sollte man sich bewusst sein, wenn man sie bei sich einziehen lassen möchte. 
Ratten sind auch nicht gerade günstige  Haustiere! In der Anschaffung vielleicht schon, aber ein artgerechter Käfig, gutes Futter und eben Tierarztkosten sollten nicht unterschätzt werden.

Ratten sind Rudeltiere und sollten daher mindestens zu dritt in gleichgeschlechtlichen (oder Mädchen mit Kastraten) Gruppen gehalten werden. Bitte nicht mischen, die Damen werden schneller schwanger, als man gucken kann. 
Außerdem sind sie dämmerungsaktiv, heisst, dass sie tagsüber auch viel schlafen. Bei engem Umgang mit ihren Menschen verschiebt sich das aber auch ein bisschen, denn sie sind viel zu neugierig und wollen ganz genau mitbekommen, was da so passiert um sie rum. Wenn der Käfig in einem Schlafzimmer steht, muss man allerdings auch damit klar kommen, dass sie nachts mal durch die Gegend rennen, essen oder trinken. Das kann für Leute mit empfindlichem Schlaf auch etwas nervig sein. 

Bitte keine Tiere aus der Zoohandlung oder vom "Vermehrer", lieber mal im Tierheim schauen oder bei einer der vielen Rattennothilfestellen nachfragen. Auch in ebay Kleinanzeigen findet man oft Ratten, deren Besitzer nicht mehr die nötige Zeit für die Tiere haben oder sich aufgrund von Allergien trennen müssen. Oft gibts auch direkt den Käfig und weiteres Zubehör dazu. Hat auch den Vorteil, dass diese Tiere oft schon "zahmgekuschelt" und Nothilferatten auf jeden Fall auf gängige Krankheiten oder Parasiten untersucht sind.


Der Käfig

Ratten brauchen Platz und da man sie wie gesagt in Grüppchen halten muss, brauchen sie noch mehr Platz 😉 Wie viel Platz das genau ist bzw. wie viele Ratten in den Wunschkäfig passen, kann man hier nachrechnen: http://www.cagecalc.de/simple.py 
Das kleinste empfohlene Maß ist aber 1,2m x 0,5m x 0,8m. Je größer, desto besser.

Wenn man jetzt ungefähr im Kopf hat, wie viele Nasen einziehen sollen, wo der Käfig stehen soll und wie groß er werden wird, sollte man sich auch mit ein paar weiteren Punkten beschäftigen... Das habe ich nicht ausreichend getan, weswegen der erste Käfig zwar für die Ratten ganz prima, für mich aber völlig blöd war: er hatte kleine Türen, so ähnlich wie Vogelkäfige. Zum Reinigen musste ich also sehen, wie ich da an die verschiedenen Bretter, Kloschalen und Schlafhäuschen dran komme. 

Wenn also für die Ratten alles Tacko ist, DENKT AUCH AN EUCH!!!!! 😊

Also: großer Käfig mit großen Türen, aber kleinem Gitterabstand! Am besten max. 1cm, damit auch junge oder kleinere erwachsene Tiere nicht einfach dazwischen durch krabbeln können. Kein Terrarium (schlechte Luftzirkulation), viel Fläche zum Laufen, mehrere Ebenen zum Hochkrabbeln, allerdings keine Gitteretagen (nicht gut für die Füßchen, können aber mit Platten abgedeckt werden). Bodenwanne aus Kunststoff oder Metall, Befestigungsmöglichkeiten für Hängematten und Kletterseile, fertig. 

Wir sind inzwischen stolze Besitzer eines Savic Suite Royal 95 Double und das Reinigen klappt spitzenmäßig! Bei Amazon gibt es zur Zeit nur den Royal Suite XL, der ist noch eine Ecke größer, aber ansonsten sieht unserer ziemlich genauso aus. 

Zubehör 

Was braucht man noch alles? Klaro, Näpfe! Für Körner, für Frischfutter, für Wasser. Nicht zu groß, aber bitte schön schwer, die Ratten setzen sich gerne mal auf den Rand. Nippeltränken werden auch angenommen, klackern aber auch ordentlich rum, was nervig sein kann, wenn im gleichen Zimmer geschlafen wird. Am besten bietet man auf mehreren Etagen Futter und Wasser an.

Häuschen und Kuschelsachen. Man sagt, man soll so viele Häuschen anbieten, wie Ratten vorhanden sind plus 1. So gibt es keine Rangeleien um den besten Schlafplatz und die Tiere können sich auch mal aus dem Weg gehen, wenn der Bedarf da ist. Meistens wird allerdings gekuschelt und unsere 3 quetschen sich auch mal alle zusammen in ihren Sputnik. Sputniks sind übrigens mega cool! Die Ratten (also unsere und alle, von denen ich das bisher mitbekommen habe) lieben die Dinger! Man kann sie stellen oder ins Gitter einhängen und dadurch, dass sie aus Kunststoff und in 2 Teile zerlegbar sind, auch prima reinigen. Hängematten sind sehr beliebt und können einfach in der Waschmaschine gereinigt werden.
Was Ratten nicht, gar nicht , niemals brauchen: Laufräder, Laufteller, Joggerbälle oder Geschirre und Leinen für draußen! So gängig wie das Bild der Ratte auf der Schulter beim Spaziergang ist, so falsch ist es. Sie sind zwar sehr neugierige Tiere, aber eben auch neophob. Heißt: alles Neue macht ihnen Angst! Da braucht also nur mal ein Hund zu bellen oder ein Auto zu starten, die Ratte erschrickt und haut ab. Weg ist sie und sie wieder einzufangen kann schwierig werden. 
Auch können die Tiere sich draußen Parasiten und Krankheiten einfangen. Haarlinge, Würmer, Erkältung... muss nicht sein!


2 Ratten im Sputnik
Platz ist im kleinsten Sputnik ;)

Futter und Einstreu. Ratten sind sehr empfindlich, was Staub betrifft. Die Einstreu muss daher unbedingt staubfrei sein. Geeignet ist hier z.B. Hanfstreu
Streu haben wir nur in den Toiletten, ansonsten wohnen unsere Herren auf Zeitung. Das ist günstig, leicht zu reinigen und den Ratten macht es wahnsinnig viel Spaß, die Zeitung zu zerreißen und ihre Wohnung damit zu dekorieren. Andere Halter nehmen Fleecedecken oder Flickenteppiche, die wandern dann einfach regelmäßig in die Waschmaschine und wenn die Ratten irgendwann komplett mit ihnen fertig sind, in den Müll. 

Das Hauptfutter von Ratten ist Körnerfutter und sollte den ganzen Tag zur Verfügung stehen. Bei uns gibt es morgens den Napf mit Körnern aufgefüllt und abends immer eine Portion Gemüse. Das meiste Körnerfutter, das man in Zoohandlungen kaufen kann, ist gar nicht optimal für Ratten. Oft sind "pflanzliche Nebenerzeugnisse" enthalten, also irgendwelche Reste. Oder Pellets, die auch nicht geeignet sind für Ratten.
Futter kann man ziemlich einfach selber mischen, z.B. die Bielefelder Mischung. Ansonsten werden in gängigen Gruppen und Foren gerne Mixerama, Shorty's oder die Futterkrämerei empfohlen. Im Netz findet man viele Listen, was die Ratten alles futtern dürfen und was nicht, z.B. hier.

Außerdem kann man auch Gemüse, Kräuter und ab und zu ein Stück Obst füttern, gerade im Sommer sind Gurke und Wassermelone sehr beliebt. 
Ein bisschen tierisches Eiweiß darf auf der Speisekarte nicht fehlen! Hierzu einfach ab und zu Mehlwürmer, ein gekochtes Ei (mit Schale und ab in den Auslauf, das Zusehen macht richtig Spaß!!) oder laktosefreien Joghurt anbieten, das reicht aus. 

Der Auslauf

Der Käfig kann noch so groß sein, Ratten brauchen noch meeeeehr Bewegung und müssen daher jeden Tag raus. Nicht nach draußen, s.o., sondern in einen Auslauf im Haus. 

Hierzu eignen sich z.B. die Platten von Songmics, die es entweder mit der Bezeichnung "Auslauf" (teuer) oder "Regal" (günstig) zu kaufen gibt. Das System und die Platten sind genau gleich. 
Man kann die Absperrung aber auch aus dünnen Spanplatten bauen, die mit Scharnieren oder einfach starkem Klebeband verbunden werden. So lässt sich alles nach dem Auslauf wieder zusammenklappen und weg räumen. Oder man macht ein ganzes Zimmer rattensicher, z.B. das Bad, denn in der Regel liegen hier die wenigsten Kabel in der Gegend rum.
Wir haben das Songmics Schuhregal und der Auslauf steht permanent. Lediglich der Teil vor der Zimmertür ist mit Kabelbindern statt der mitgelieferten Steckverbindungen verbunden und lässt sich weg klappen. 

Ein paar Kartons in den Auslauf, Klettermöglichkeiten, Verstecke und ein paar Leckerlis, und schon haben die kleinen Spaß und können sich austoben. Der Auslauf ist auch prima zum Anfreunden mit den Nasen. Einfach still mit rein setzen und wenn sie zu euch kommen und schnuppern, ein bisschen Leckerchen aus der Hand füttern. 

Schlafende Farbratte
Mio schläft auf einem Klopapier-Nest ^^. 


Kind und Ratte

Jannes ist jetzt also stolzer Rattenpapa und meistens klappt das auch alles sehr gut. 
Er füttert seine Ratten selber, setzt sich zu ihnen in den Auslauf und kuschelt mit ihnen, bastelt aus Kartons merkwürdige Dinge, mit denen die Jungs spielen sollen. Zu Anfang waren es 4 Böckchen, die bei uns eingezogen sind, aber nach ein paar Wochen mussten wir uns schon von einem verabschieden. Das war hart für alle, vor allem Jannes konnte das noch gar nicht richtig verarbeiten, was dieses Einschläfern denn jetzt genau bedeutet. Bärbel schläft? Wann wacht er denn wieder auf? 😢

Aber auch das gehört dazu... Abschied, zum Wohl des Tieres auf weitere Behandlung verzichten und es gehen lassen... Bärbel war von Anfang an anders als die anderen. Etwas taumelig auf den Beinen, sehr viel kleiner und meistens nur im Erdgeschoss des Käfigs unterwegs. Er konnte einfach gar nicht klettern, weil er runter gefallen wäre. 
Ansonsten schien aber alles prima. Er fraß, lief mit den anderen durch den Auslauf, kam zu uns gekuschelt und versucht halt im Rahmen seiner Möglichkeit auf einem rum zu klettern.
 
Die Tierärztin gab uns B-Vitamine und etwas gegen Entzündungen und Schmerzen, aber so wirklich verändert hat sich nix. OK, macht nix, die anderen Ratten mobben ihn nicht, er ist halt so und eben etwas Besonderes! Klar, dass das meine Lieblingsratte wurde, oder? 

Dann ging es aber doch stetig bergab mit dem kleinen Bärbel... er kam nicht mehr aus seinem Haus, er fiel noch häufiger hin und er sah einfach nicht mehr lebenslustig aus. 3 Tage habe ich es mit Päppeln versucht und er fraß eine ordentliche Portion Babybrei auf meinem Schoß und wir kuschelten. Geändert hat es nichts und Lieblingsratte hin oder her, das wollte ich ihm nicht weiter antun. 

Da auch die Tierärztin nicht wusste, was genau er haben könnte (Kotprobe war in Ordnung) und nur noch auf gut Glück ein Antibiotikum geben wollte, habe ich mich dafür entschieden, ihn gehen zu lassen... Jannes, Bjarne und ich haben den halben Abend geweint und er fehlt mir immer noch sehr!! Aber wie gesagt, auch das gehört leider dazu... 

Die Reinigung des Käfigs übernehme zu 99% ich, aber Jannes hilft mit (manchmal ^^). Meistens lasse ich ihn allerdings nur aufpassen, dass Mio nicht versucht auszubüchsen und schaufel schnell die Klos leer und lege neue Zeitung auf die Etagen. Das kleine Schlitzohr ist nämlich trotz großem Auslauf so neugierig auf den Rest des Zimmers, dass er regelmäßig versucht, über die Absperrung zu kommen und sich dann zwischen Platten und Wand Richtung Freiheit quetscht... 

Dass die meiste Arbeit an den Eltern (bzw mir, der Mann findet Ratten eher so "geht so" ^^) hängen bleiben würde, war vorher klar. Jannes ist 6, er kann mithelfen, aber so viel Verantwortung zu übernehmen, ist noch eine Nummer zu groß für ihn. Ganz aus der Verantwortung entlassen werde ich ihn aber auch nicht, auch wenn es ihn manchmal nervt, die geschnibbelte Gurke nach oben zu tragen oder den Kackeimer in den Müll zu bringen. 

Am meisten Spaß macht natürlich das Laufenlassen und Kuscheln. Meistens legt Jannes sich dann irgendwann mit in den Auslauf und alle 3 Jungs turnen auf ihm rum, krabbeln in sein Hosenbein oder wuscheln durch seine Haare. OK, Mio versucht einen immer als erhöhte Absprungfläche zu nutzen und auszubrechen, trotzdem süß! 

Sogar das Baby findet die Ratten mega und fängt schon in der Küche an, das Futter-Lock-Geräusch zu machen, wenn es den Napf sieht. Dann kommt er mit hoch, steckt seinen Kopf in den Käfig und streichelt die felligen Kumpels.

Ich persönlich finde ja Haustiere sehr wichtig für Kinder und ich denke, mit den Ratten haben wir genau die richtige Wahl getroffen 💗 

Zuletzt aktualisiert am 16.08.2020.

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